Sonntag, 3. Februar 2013

Lebenslauf von Major Fritz Rudolf Schulz



Das Internet vergisst nichts!
Als ich diesen Satz zum 1. Mal hörte war das zunächst eine überlegenswerte These.
Die Datensammelwut von Twitter, Facebook, Google usw. nimmt inzwischen bedenkliche Ausmaße an.
Andererseits haben wir es uns zur Aufgabe gemacht das Leben und die Leistungen der Männer vom Panzerregiment 35 nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.
Alle Nachwachsenden müssen aus den damaligen Geschehnissen lernen und Schlussfolgerungen ziehen können.
So liegt es nahe die positiven Möglichkeiten des Internets zu nutzen, und gerade hier in diesem Medium unseren Vorfahren Denkmale zu setzen.
Sie haben es verdient.
Wenn sie nicht, wie zu viele ihrer Kameraden, für fremde Interessen ihr Leben geben mussten, so zwang man sie ihre Jugend zu verschenken.
Sie litten viele Jahrzehnte lang psychisch und physisch an den traumatischen Erlebnissen des Krieges.
„So lebten und so starben sie!“, schätzte schon Hans Schäufler ein.
                                Major Fritz Rudolf Schulz


Wenn das Internet nichts vergisst, dann werden auch diejenigen, denen wir hier ein ehrendes Denkmal setzen nicht vergessen!

Major Fritz Rudolf Schultz, der Kommandeur der 1. Abteilung des Panzerregimentes 35 war eine herausragende Persönlichkeit.
Er hat sich bleibende Erinnerung in jedem Fall verdient.
Seine Witwe Frau Marlies Schultz hat mir dankenswerterweise den von ihrem Mann selbst geschriebenen Lebenslauf zur Verfügung gestellt, deshalb möchte ich meinen oben stehenden Post vom Januar erweitern, indem ich dieses interessante Dokument unserer Sammlung beifüge.
Durch die Beschreibung der damals typischen Offizierslaufbahn können wir uns gut in die Geschehnisse der Zeit versetzen.

         Abteilungskommandeur  Major Fritz Rudolf Schulz


Wir lernen den Menschen kennen, den wir auf den Bildern sehen.
Perfekt gibt uns Major Schultz in seinem Lebenslauf auch einen Blick in den Umdenkprozess der Deutschen nach dem Krieg, der sich durch seine damit verbundenen Leistungen beim Wiederaufbau Deutschlands ausdrückt.
Er gehörte zu den großen Männern die maßgeblich daran beteiligt waren nicht nur das Panzerregiment 35 bekannt und berühmt gemacht zu haben, sondern sich danach auch wesentlich am Aufbau der Demokratie beteiligten.
Das ist deutsche Geschichte, die die damalige Zeit spiegelt!


 





Bei Major Fritz Rudolf Schultz sprechen die vielen Auszeichnungen mit denen er, sowohl im Krieg, als auch in der Friedenszeit geehrt wurde, für sich selbst.
Sie bedürfen keiner weiteren Kommentare.


Für den Abteilungskommandeur war es immer besonders wichtig, dass er 1939 nicht „reaktiviert“ wurde, sondern als Reserveoffizier den Krieg mitmachte, und als solcher seine hohen Auszeichnungen erhielt.
Diese Verfahrensweise war damals keinesfalls üblich. Sie wurde nur in besonderen Fällen durchgeführt.

 Auch seine Todesanzeige ist sehr aussagekräftig und rundet das von Fritz-Rudolf Schultz gezeichnete Bild ab: 
  
"Er hat sich immer für die Belange seiner Soldaten eingesetzt!"



Sonntag, 6. Januar 2013

MAJOR FRIEDRICH RUDOLF SCHULTZ




*19. Februar 1917 in München; † 2. März 2002 in Gau-Bischofsheim
                                                                                                         

Direkt vor unserem letzten Kameradschaftstreffen besuchte ich Frau Marlis Schultz in Gaubischhofsheim. Sie ist die Witwe  des Kommandeurs der ersten Abteilung unseres Panzerregimentes 35 Fritz Rudi Schultz.
Sie übereignete mir 5 Bilder aus dem Nachlass Ihres Mannes, welche ich nun allen Mitgliedern unserer Kameradschaft vorstellen und übergeben möchte.
Wenn jemand Interesse hat soll er sich an mich wenden.
Major Schultz waren die Bilder, welche seine Kriegserlebnisse teilweise dramatisch dokumentieren wichtig. Er hatte sie säuberlich auf lackierte Spanplatten geklebt und handschriftlich erläutert. Das macht sie für uns besonders interessant und wertvoll.
Andererseits denke ich über einen Wehrmutstropfen nach.
Beim Googlen nach dem „Wenneffpanzer“ fanden sich dutzende Treffer.
Viele Bildergauner erhoffen sich immer noch reichen Profit von diesen unwiederbringlichen historischen Fotos. Wegen des immer mehr ausufernden Diebstahls der Bildergangster habe ich die hier eingefügten Fotos geschützt. Wenn diese, also unser Eigentum, bei ebay landen kann man dagegen vorgehen.


Der russische Panzer KW 1 hatte viele Schwächen, dafür aber eine ungewöhnlich -  bis zu 90 mm starke - Panzerung . „Dicker Bello“ nannten ihn die deutschen Landser.

Die Bildunterschrift ist von Abteilungskommandeur "Bubi" Schultz handschriftlich hinzugefügt.
„Bubi“ war sein Spitzname. Dieser wurde von den Offizieren des PzRgt. 35 aus seinen Vornamen Fritz und Rudi abgeleitet.
Die Bildunterschrift lautet:
"Der so genannte "Bix Panzer" von Weneff am 24.11.1941.
Die Schüsse der deutschen 5 cm KWK Granaten gingen nicht durch die Panzerung des russischen KW1 Panzers, auch nicht auf kürzeste Entfernung.
Erst Feldwebel Bix zerschoß ihm mit drei Schuß das Rohr."
Hermann Bix, auf nebenstehendem Bild, war einer der besten und hochdekoriertesten Panzerkommandanten des Pz Reg 35. Mein Vater hat oft die Panzerbewaffnung gewartet und repariert. Er kämpfte noch in den letzten Kriegstagen mit HermannBix auf der Frischen Nehrung.

 


Im Juni 1942 fotografiert und dokumentiert Major Schultz einen russischen Angriff auf einen Schützengraben der Panzergrenadiere des Pz Gren Rgt 12, welches im Verband der 4. PzDiv. gekämpft hat, mit den spannenden Worten: „Sie kommen!“
Gemeint sind hiermit die anstürmenden russischen Soldaten.
Die Bildunterschrift lautet: 
"Angriff auf einen Graben des Pz Gren Regt 12bei Mzensk Anfang Juli 1942."


Deutlich erkennt man auf dem Bild die Brisanz der Situation. Man spürt die sich steigernde  Anspannung der Panzergrenadiere. 
Keiner dieser Männer im Schützengraben weiß ob er in den nächsten Minuten noch leben wird, ob er seine Heimat und seine Familie jemals wieder sieht.
Auch die russischen Angreifer stellen sich diese alles für sie entscheidende Frage. 
Sie haben, genau wie die Deutschen, keine Wahl für ihr Tun. 
Sie können sich nur etwas ablenken wenn sie beim Angriff ein lautes „Hurrä!“, und vieleicht noch einen Standartfluch heraus schreien.
 Leben oder Tod?

Die Artilleristen der 4. PzDiv. haben es bei ihrem Angriff mit der 8,8 cm Flak leichter.
Das ist eine perfide Aussage und trotzdem stimmt sie.



Sie kämpfen aus der Ferne. Sie sehen meistens nicht, wen sie bei ihrem Angriff getötet und was sie zerstört haben. Doch der Unsinn und die Menschenverachtung sind gleich.
Wann wird man je verstehen? 
Diese Frage ist heute noch so aktuell wie damals.

Der erklärende Kommentar von Major Schultz war schwer erkennbar.
Ich habe ihn auf das Bild geschrieben.
Fritz-Rudolf Schultz diente von 1939 bis 1945 bei der Wehrmacht.
Ein schnelles Bild über ihn kann man sich an Hand seiner militärischen Auszeichnungen machen.
Als Kommandeur der 1. Abteilung des Panzer-Regiments 35 wurde er 1943 mit dem Deutschen Kreuz in Gold und 1944 mit dem Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes mit Eichenlaub ausgezeichnet.
Auf dem folgenden Bild fährt er mit seiner Abteilung einen Panzerangriff.

Nach dem Krieg ging Major Schultz nicht mehr wie viele seiner Offizierskollegen zurück zum Militär.
Er hatte erkannt, dass nur die Demokratie weitere Kriege wirksamer verhindern kann.
Er widmete sich der Arbeit auf seinem Weingut „Oberst Albrecht Werner - Schultz“.
Dann arbeitete er als Politiker der FDP daran die Dinge in Deutschland zu verbessern und demokratische Strukturen aufzubauen.
Wie das Leben so spielt.
Er wurde als ehemaliger Major der Wehrmacht und als FDP Politiker zum 4. Wehrbeauftragten des Bundestages für fünf Jahre gewählt.
An den Wehrbeauftragten konnte sich jeder Bundeswehrangehörige ohne Einhaltung des Dienstweges bei Problemen und Beschwerden wenden.
Dieses Amt führte er vom 11. März 1970 bis zum 19. März 1975.
Eine Stelle, die vorher nur den höheren Generälen vorbehalten war.

Fritz-Rudolf Schultz wurde für seine Leistungen nach dem Krieg mit dem Verdienstkreuz 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland und mit dem
Großen Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland geehrt.

Major Schultz hatte auch das folgende uns allen bekannte Bild vom Regimentsgedenkstein in seiner kleinen Sammlung. 
Ehemalige amerikanische Feinde gedenken gemeinsam mit den Deutschen, den gefallenen Soldaten.
Dieses Bild zeigt auch, wie wichtig dem Major Schultz ein Leben ohne Krieg war!

Man versteht unser Regiment mir dem Bären besser, wenn man von den Männern weiß die hier gewirkt haben.


Mittwoch, 26. Dezember 2012

Zwei junge Soldaten erleben Geschichte




Wenn man diese Bilder betrachtet vermittelt sich der Eindruck, dass es sich bei den beiden jungen Soldaten, mit ihren gerade einmal 20 Lebensjahren, um Freunde handelt.
Sie sind für den Wehrdienst gemustert worden.
Eigentlich hatten sie gar keine Lust für den Soldatenjob. Doch danach fragte keiner. 
Seit Jahrhunderten hatten die deutschen Landesherren großen Bedarf an Kriegsknechten um ihre eigenen Interessen durchzusetzen.
Die oben abgebildeten jungen Burschen wurden als geignetes Material eingestuft und eingezogen.  Zufällig kamen sie in dasselbe Ausbildungsregiment, dieselbe Kompanie, denselben Zug und dieselbe Gruppe.
Der gleiche Spieß und die gleichen Unteroffiziere machten den beiden bei der Ausbildung das Leben schwer. 
Natürlich war diese Zeit meist sehr hart, und diverse Probleme, die zusätzlich zu bewältigen waren, hatte das Militär schon immer zu bieten. 
Bei jeder Familienzusammenkunft wurden solche historischen Tatsachen allen deutschen Buben von klein an von ihren Vätern und Großvätern  erzählt, denen es in ihrer eigenen Jugend genauso erging.
Schnell erkannten die Jungs dass es leichter war, wenn man in diesen gemeinsamen Lebenssituationen fest beieinander stand.
Man konnte sich gegenseitig helfen und voneinander lernen, wenn mein zusammen durch den Kasernenhofdreck und die Pfützen robben musste.
Das Bier, welches man am Abend zusammen im Ausgang  trank, schmeckte dann doppelt so gut.
So entstanden zu allen Zeiten Soldatenkameradschaften.
Das geschah millionenfach unter Häuptlingen, Fürsten, Königen Kaisern und Führern.
Es spielte auch keine Rolle, welche Gesellschaftsordnung gerade für gut befunden wurde.
Soldaten wurden immer gebraucht, egal ob in der Urgemeinschaft, im Feudalismus, im Kapitalismus oder im Sozialismus.
  
Doch diese Geschichte der beiden oben vorgestellten Soldaten stimmt überhaupt nicht.
Die beiden Männer auf den Bildern waren gar keine Kameraden.
Sie kannten sich damals noch nicht einmal.
Noch schlimmer - man versuchte ihnen einzureden, dass sie Feinde wären und im so genannten „Ernstfall“ aufeinander schießen sollten. Der Eine diente in der Bundeswehr, der Andere leistete seinen Wehrdienst in der Nationalen Volksarmee.
Paradoxerweise waren  sie gewissermaßen Nachbarn, und sie sprachen beide deutsch Einer war in Bayern und der Andere in Thüringen geboren.
Diese beiden deutschen Länder wurden im April 1945 von den Amerikanern eingenommen und besetzt.
Der junge Soldat auf dem rechten Bild hatte Glück. In Bayern blieben die Amerikaner als Besatzungsmacht. Den jungen Soldaten auf dem linken Bild kann man eher als Pechvogel bezeichnen, denn schon nach zwei Monaten, Anfang Juli 1945, verließen die amerikanischen Soldaten eilig über Nacht das Land Thüringen.
Schon am nächsten Tag rückten die russischen Divisionen ein und Thüringen wurde zur sowjetischen Besatzungszone.
Schlagartig änderten sich alle Lebensbedingungen im Thüringer Land.
Man kann sagen dass hierdurch die ostdeutsche Bevölkerung den Krieg zweimal verloren hat.
Für die beiden jungen Männer ergaben sich völlig verschiedene Lebensperspektiven.
Der Eine musste "Wessi", der Andere "Ossi" erlernen. Das war auch nicht immer einfach!
 
Doch diese kurze Story hat ein Happyend.
Heute sind die beiden Kameraden, ja man kann sagen Freunde geworden. Sie bemühen sich gemeinsam das Schicksal der Männer vom Panzerregiment 35 aufzuarbeiten und in Ehren zu halten.

Es darf keine Menschen mehr geben, die versuchen Deutsche zu manipulieren aufeinander zu schießen.

Donnerstag, 4. Oktober 2012

Учетное Дело! – Ganz geheim!



Nach langer Zeit halte ich endlich die Kriegsgefangenenakte meines Vaters aus den Moskauer Archiven in meinen Händen.


Diese zu bekommen war ein schwieriges Unterfangen mit vielen Hindernissen.
Anfangs störte mich, dass man erst nach einer Zahlung von 30 € bereit war in den Computer zu schauen ob eine Akte von meinem Vater vorhanden ist.
Sie wurde gefunden.

Man schrieb mir: „Wenn ich nun weitere 300 € überweise, dann sei man bereit mir die Kopien einer 12 Seiten langen Akte mit den Daten meines Vaters in russischer Sprache zu senden.“
(Inzwischen hat wohl der Markt den Preis gedrückt. Ich las, dass heute nur noch 200 € verlangt werden.)
Mir war klar, dass in der Akte mindestens 80% mir bekannte Daten standen.

Und richtig neben den Personalien von Vater, Mutter, Großeltern, Onkel und Tanten bekam ich sogar meine eigenen persönlichen Daten zu lesen.
Ich war damals noch nicht mal ein Jahr alt.
Sollte ich diese Informationen, welche sowieso unser persönliches Eigentum waren, nun noch einmal für 330 € kaufen?
Ich kann es einfach nicht leiden abgezockt zu werden.
Doch versteht mich nicht falsch.
Ich mag die Russen, vor allem auch die russische Seele.
Ich habe viele kennen gelernt. Russen und Seelen!
In jedem Land gibt es solche und andere Menschen. Die Russen muss man einfach mögen wenn man gesehen hat wie Sie das Leben bewältigen. Sie kennen das Schwere seit langer Zeit und versuchen es leicht zu nehmen.
Um es kurz zu machen.
Ich habe die Kriegsgefangenenakte meines Vaters bekommen und nichts dafür bezahlt.
Beim ersten Blick auf das Deckblatt kam mir gleich eine neue Befindlichkeit in den Sinn.
Mein Vater marschierte zusammen mit den anderen restlichen Kameraden der vierten Panzerdivision am 9.5.1945 von der Halbinsel Hela bei Danzig direkt 250 Kilometer weit in die russische Kriegsgefangenschaft.
Am 8. Mai war der Krieg zu Ende. Die vierte Panzerdivision, das Panzerregiment 35 und die anderen Resttruppenteile unter General Dietrich von Saucken waren also eine im Kampf unbesiegte Armee.
Ist es denn richtig nach dem Krieg noch Kriegsgefangene zu machen?
Was sagt denn das Völkerrecht hierzu?
Im Krieg ist das gefangen nehmen des Feindes legitim, aber danach?
In einigen Fällen bestätigten die russischen Sieger den deutschen Gefangenen sogar durch einen Vermerk in ihren Wehrpässen, dass sie erst nach der deutschen Kapitulation gefangen genommen wurden. Sie dachten sich etwas dabei und die Deutschen erhofften sich Vorteile, beziehungsweise eine frühere Entlassung. Schon kurze Zeit später war diese ritterliche Geste der russischen Seite vergessen.
Sollen sich die Rechtsgelehrten darüber streiten.

Für meinen Vater ging nach den Krieg der Krieg weiter!
Und seine Gefangenschaft dauerte länger als der Krieg selbst. Die letzten Gefangenen wurden erst nach Adenauers Konvention im Jahre 1956 in die Heimat entlassen.

Für uns, die wir uns der geschichtlichen Aufarbeitung erklärt haben, ist es interessant zu erfahren mit welcher buchhalterischen Akribie die persönlichen Daten der Gefangenen aufgeklärt und festgehalten wurden.
Was für die Offiziere mit den blauen Schirmmützen vom Geheimdienst zu wissen wichtig war, habe ich nachstehend ein Beispiel des Fragebogens – der „опросные лист“ eingefügt. (unter Weglassung der persönlichen Antworten)
So kann sich jeder seine eigenen Gedanken hierzu machen.
 Möglichst viel über jeden Gefangenen zu wissen war bekanntermaßen eine gute Grundlage für den KGB aus einem Kriegsgefangenen einen Strafgefangenen zu machen. Das ging recht fix, und dann galten andere Regeln.
Dass die Verhöre für die Gefangenen sehr aufregend waren hat mein Vater oft erzählt 
Den Beweis sehe ich nun an der Tatsache, wie zitterig seine eigene Unterschrift auf dem Verhörbogen ist. Er vergaß sogar die Pünktchen über dem U seines Vornamens

Deckblatt:
Ganz geheim!
MWD – Ministerium des Innern der UdSSR
Hauptverwaltung für Kriegsgefangene und Internierte
Akte für den Kriegsgefangenen Schröder, Günter- Paul
2. Seite oben:
Akte Nr. 7182        Lager Nr. 7296    Im Lager angekommen am 1.8.1945
Fragebogen

1. Name: Schröder
2. Vorname: Günter
3. Vatersname: Paul
4. Geburtsjahr: 1921
5. Geburtsort: Senzig Kreis Teltow Chausseestraße 64
6. Adresse vor der Einberufung: Senzig Kreis Teltow Chausseestraße 64
7. Nationalität: Deutscher
8. Muttersprache: Deutsch
9. Fremdsprachen: keine
10. Mitglied einer Partei: kein Mitglied
11. Staatsangehörigkeit: Deutscher
12. Religion: Evangelisch
13. Bildung: a) allgemeine b) Fachausbildung c) Militärausbildung: a) 8 Klassen Volksschule b) keine c) keine
14. Beruf vor dem Militärdienst:
15. Dauer der Berufsausübung: 3 Jahre
16. In welcher Armee des Gegners war er: in der deutschen
17. Wurde in die Armee mobilisiert oder ging als Freiwilliger: wurde mobilisiert
18. Wann wurde er mobilisiert: 6. Februar 1941
19. Art des Heeres: Panzer
20. In welcher militärischen Einheit diente er? 4. Panzerdivision - 35. Panzerregiment 
21. Matrikel-Nr.: 66.21 (keine Ahnung, was es bedeutet)
22. Rang in der Armee: Obergefreiter
23. Welche Tätigkeit wurde ausgeübt?  Gehilfe des Waffenmeisters
Seite 3:
24. Auszeichnungen: keine (angegeben aber einige erhalten)
25. Kam in die Gefangenschaft oder hat sich freiwillig ergeben? Geriet in die Gefangenschaft nach Kriegsende.
26. Wann kam er in die Gefangenschaft? Am 9. Mai 1945
27. Wo? Stadt: Danzig
28. Familienstand: verheiratet
29. Angaben über die Ehefrau:
30. Angaben über den Vater und die Mutter: Vater: Mutter:
31. Angaben über die Brüder und Schwestern:
32. Gesellschaftliche Stellung des Vaters:
33. Soziale Stellung des Vaters:
34. Eigentum des Vaters:.
35. Sozialer Stand des Gefangenen und sein Eigentum: Arbeiter kein Eigentum
36. Lebte in der UdSSR? Lebte nicht.
37. Wer von den Verwandten und Bekannten lebt in der UdSSR? Keiner
38. Wurde gegen ihn ermittelt, stand er vor Gericht? Nein.
39. War er in anderen Ländern, wann und warum?
40. Arbeitstätigkeit vor der Einberufung: Von 1927 – 1935  8 Klassen Volksschule;
von 1935 – 1941 arbeitete als Werkzeugmacher, 1941 wurde einberufen.

Seite 4:
1. Unterschrift des Kriegsgefangenen und Datum des Fragebogens:
Mündliche Beschreibung einer Person:
Körpergröße – 1,75 cm; Körperbau – normaler Körperbau; Haarfarbe – dunkel; Farbe der Augen: blau; Nase – gerade; Gesicht – oval.
Auffälligkeiten: -
Vermerke:
 
Unterschrift


Das waren die 40 Fragen der Gefangenenakten.
Ich selbst war schon ein wenig enttäuscht. 
Hatte ich doch von größeren Verschwörungen, Aufständen und sonstigen spannenden Begebenheiten der Gefangenen zu lesen gehofft.

Im Alter von 19 Jahren wurde mein Vater im Februar 1941 zur Wehrmacht eingezogen. Vier Jahre und zwei Monate war er Soldat. 
Mit 23 Jahren kam er in die russische Gefangenschaft. 
Nach vier Jahren und vier Monaten wurde er im Alter von 29 Jahren entlassen. 
Also arbeitete er zwei Monate länger für die Sowjetunion als er gegen sie kämpfte.

In jedem Fall verbrachte er dort die beste Zeit seines Lebens – seine Jugend.
Viele seiner Kameraden sind daran zerbrochen.

Donnerstag, 10. Mai 2012

Das letzte Kameradschaftstreffen des Panzerregimentes ist nun auch schon Geschichte.


 Die Zeit rennt an uns vorbei.
1-2-3- im Sauseschritt;
es eilt die Zeit –
wir eilen mit!
 So hat mein Freund, der Willy Busch, einst treffend formuliert.
Diese Weisheit schmeckt mir immer ein wenig bitter.
Eine besondere Etappe des Regimentes geht zu Ende, weil es kaum noch aktive Kameraden gibt.
Wir Nachfolgenden müssen umdenken und überlegen wie wir unsere Arbeit neu definieren können.
Das letzte Kameradschaftstreffen, welches für mich gleichzeitig das Erste war welches ich, in Vertretung meines Vaters besuchte, ist ein Ende und gleichzeitig ein Neubeginn.
Einigen Anderen wird es vielleicht ähnlich ergangen sein wie mir.
Schon im Vorfeld und auf der Anreise musste ich immer an meinen Vater denken, der sich oft mit Wehmut wünschte einmal wieder mit seinen Regimentskameraden zusammen zu treffen, oder wenigstens das Regimentsbuch einmal lesen zu dürfen. (Er wusste nicht, dass es mehrere Bücher gab.)
Beide Wünsche waren für ihn als ehemaliger DDR – Bürger nicht erfüllbar.
Sie zeigten aber die Verbundenheit und zwingende Kameradschaft, die damals während des Krieges im Panzerregiment 35 bestand und auch unbedingt notwendig war.
 Gerade in den letzten Kriegsmonaten, als alles durcheinander ging vergrößerte sich die Angst durch die Feldgendarmerie, die ständig auf „Heldenklau“ war, aufgegriffen und in eine neue unbekannte Einheit gesteckt zu werden.
Auf die alten Kameraden war Verlass. Die begaben sich wie selbstverständlich in Lebensgefahr um einen bedrängten Kameraden aus der Schusslinie zu bergen.
Die neuen unbekannten Soldaten einer anderen Einheit, die man nicht kannte waren verständlicherweise nicht so schnell bereit ihr Leben für einen Unbekannten  in Gefahr zu bringen.
Mit diesem Wissen kann man sich gut in die damalige Situation versetzen.
(Aber auch über die heutige Zeit nachdenken!)

Man bekommt Verständnis und Achtung vor den Leistungen unserer Väter und allen anderen Soldaten auf beiden Seiten der Front.

Bedauerlich ist für mich, dass ich beim Treffen so wenig Zeit hatte alle besser kennen zu lernen und ausgiebig ihre Motive zu erfahren, ihre Geschichten zu hören.
Ein Gewinn aber war es die beiden Aktiven Fritz Schneider und Otto Eidloth zu sehen und zu sprechen.
Besonders beeindruckt hat mich Fritz Schneider. Er ist ja ein besserer Entertainer als Thomas Gottschalk, wie die Kostprobe seiner Ausführungen bewies.
Ich kann mir jetzt vorstellen, dass er seine 8. Kompanie mit Intelligenz, aber wohl auch mit Verständnis und Humor geführt hat.
Ich habe Achtung vor diesem Mann.
Erwähnen möchte ich noch, dass ich beim Besuch der Frau des Kommandeurs der 1. Abteilung Pzrgt.35 Hauptmann Schulz, beim Blättern durch dessen Fotoalbum erneut ein Bild meines Vaters gefunden habe. 


                           Obergefreiter Günter Schröder in der Mitte - wie immer mit seiner Gitarre


Wenn es dem Hauptmann Schultz wichtig war dieses Foto neben die Bilder seiner Offiziere zu kleben, so spricht das für sich.
Mein Vater, wäre darauf stolz gewesen, und jetzt freue ich mich darüber.
Durch den Besuch unseres Treffens verstehe ich nun auch die vielen Erzählungen meines Vaters besser und sehe sie in einem anderen Licht.
Trotz der Kürze der Zeit war unser Treffen ein Gewinn.
Wenn sogar unsere Mitglieder aus Amerika anreisen, dann spricht das besonders deutlich für die Wichtigkeit dieser Aktion.
Bleibt mir allen Organisatoren und Beteiligten ein herzliches Dankeschön zu sagen.

Das waren ein paar ungeordnete Gedankensplitter.
Und nun schauen wir wieder nach vorn.
Oder um es mit der Devise der ersten Abteilung des Panzerregiment 35 zu sagen:

„Nicht wanken, nicht schwanken!
Nur einen Gedanken:
„Vorwärts und durch!“

Montag, 9. April 2012

Herzliche Ostergrüße den alten Kameraden des Panzerregimentes 35 und deren Nachfolgern und Freunden.


Erfreut Euch an einem friedlichen schönen Osterfest!
Das war unseren Regimentskameraden damals nicht möglich!

Mein Vater Günter Schröder berichtet von Ostern 1943 in der ehemaligen Sowjetunion:

Vor 68 Jahren um Ostern befand sich das Regiment, während der Frühjahrsschlammperiode, seit Anfang April in den Räumen Nowgorod Sewerskij, Seredina Buda und Schostka.
Dieses Gebiet war dem Regiment noch vom Vormarsch 1941 bekannt. 
Wegen des tiefen Schlammes kamen unsere Fahrzeuge kaum voran. Die Einheiten hatten sich deshalb Pferde als Transportmittel besorgt und genutzt.
Hier findet jetzt die Aktion „Lenz“ statt. 
Waffen und Ausrüstungen, Fahrzeuge und Pferde, Bekleidung und vor allem auch die Männer brauchen dringen die längst notwendig gewordene Pflege. Außerdem wird das Regiment aufgefrischt und ergänzt. 
Es beginnt die erste Ruhezeit seit Beginn des Feldzuges nach knapp zwei Jahren Kriegseinsatz für die Kampfstaffeln.
Im Gegenzug wird die Arbeitszeit der Werkstätten auf 80 Stunden in der Woche erhöht. Die Schlosser, Monteure, Kraftfahrer und Mechaniker sind fast rund um die Uhr im Einsatz.
Vor allem die Waffen sind durch starke Schussbelastung sehr verschlissen. 
Sie müssen erneuert, eingeschossen und justiert werden.




Ein Panzer wird gewartet und
aufgefrischt. 
Ich schaue aus der Luke.












 Andere Kameraden fahren nach Aufhebung der Urlaubssperre in ihren Jahresurlaub nach Hause. Einmal pro Jahr bekommt jeder 20 Urlaubstage plus 4 Reisetage.

Am Ostersonntag beginnt die 4. Panzerdivision den Sicherungsabschnitt zu verlassen und marschiert zur geplanten Operation „Zitadelle“, dem Kampf gegen die in Untergrund agierenden Partisanen, auf.
(Wie bereits unten beschrieben.)
Heute habe ich meinen Osterbrief nach Hause geschrieben.
Auch ein Osterpaket habe ich nach Deutschland geschickt.
Meine Eva machte sich Sorgen, dass ich wieder die Panzerangriffe mitfahren muss.
Ich schrieb ihr, dass ich jetzt eine andere Beschäftigung habe. Ich fahre den Panzern hinterher und repariere alle Waffen die kaputtgegangen sind. Ich arbeitete also in meinem Beruf als Werkzeugmacher in der Waffen-Instandsetzungsstaffel.

Ich glaube, hier in Russland geht meine Musikkarriere voran. 
Nachdem ich bei vielen Offizieren meiner Abteilung gespielt hatte, wurde ich zu unserem Regimentskommandeur geladen und machte dort Musik. Zwei Tage später hat mich die Division geholt. Eine Abteilung hatte dort eine Frontbühne aufgebaut.
Heute Morgen habe ich im Theater in der Stadt meine Probe abgegeben. Natürlich 100% Sieg. Ich hatte großen Erfolg. Ich bin also jetzt bei der Division, und ich singe in unserem Tanz-Orchester als Refrainsänger. Natürlich singe ich auch meine Lieder als Solist.
Fünfzehn Musiker dirigiere ich. Morgen steigt eine Bühnenschau. Die Kapelle singt und spielt „Hofkonzert im Hinterhaus". Ich singe dabei die Zwischenverse mit Mimik.
Das ist doch viel besser, als sich vorn an der Front totschießen zu lassen. Ich denke, dass mir meine Musik schon jetzt ein paar Mal das Leben gerettet hat.
Und ich freue mich über diese schöne Nebenbeschäftigung.
Am 21. April 1943, dem Geburtstag des Führers, stieg unsere vierte Vorstellung der Frontbühne im Theater der Stadt Nowgorod Sewerskij.
Danach gibt es eine Sondervorstellung, mit Parade und Vorbeimarsch für einen Obergefreiten, der ein Ritterkreuz bekommen wird. Außerdem ist geplant, dass wir mit fünf Soldaten und fünfzehn Ukrainern auf Tournee gehen und für die einzelnen Einheiten Oster-Konzerte spielen.

In diesem Jahr fällt Ostern am 25. April sehr spät. Das Wetter ist schön, es ist warm und sonnig, so dass man schon mit freiem Oberkörper arbeiten kann.

Die Frühjahrschlammperiode neigt sich ihrem Ende zu. 
Am Ostermorgen habe ich ein sehr schönes Pferd geritten. Ich konnte sogar den Leutnant, der mit geritten war, einige Male abhängen. Nun tut mir dafür mein Hintern weh.
Danach gab es einen schmackhaften Osterschmaus, den wir in unserer Staffel selbst organisiert und gekocht hatten.
Es ging mir, wie man sieht, recht gut, so mitten im Krieg. Allerdings wusste man nie, wie es weitergeht.
Überraschungen waren immer garantiert!
Man war nie sicher.

Dienstag, 6. März 2012

Zum Treffen der Kameradschaft am 4.5.2012




Gerade habe ich mit Robert Wern telefoniert.
Ich hatte mich bereit erklärt ihn zum Treffen nach Bamberg zu bringen, ihn dort zu betreuen und anschließend wieder nach Nürnberg zu fahren.
Er bedankte sich sehr und war hocherfreut:
 „Da bekomme ich endlich mal etwas Abwechslung und sehe meine Kameraden wieder!“
Er lässt Euch alle herzlich grüßen.
Es war zu klären, was ich zu beachten habe. Transportfähigkeit, eventueller Medikamentenbedarf usw.
Hierzu erwarte ich noch eine Nachricht vom Chef des Seniorendomizils „Haus Maximilian“ aus Fürth.
Die Pfleger wollen mich auch noch diesbezüglich anrufen, versprach Frau Modzschiedler.

Ich gehe aber davon aus, dass es klappen wird. 
Es ist unsere vornehmste Aufgabe, die wenigen verbliebenen Akteure des Panzerregimentes 35 zu ehren und zu betreuen.
Das hat für mich Vorrang.
Mit den technischen Details der Durchschlagskraft einer Panzerkanone musste sich mein Vater bei seiner Arbeit in der Waffen Instandsetzungs- Staffel der Werkstattkompanie herumschlagen.
Mich interessieren die Erlebnisse der Soldaten und die daraus resultierenden Ängste, Sorgen und Freuden.
Jahrzehnte lang hat dies das Leben unserer Väter und damit unserer Familien, also sogar uns selbst beeinflusst.
Viele konnten ihre Erlebnisse nie vergessen und verarbeiten.
Das habe ich bei meinem Vater erlebt,
das hört man auch deutlich, wenn Robert Wern erzählt.
Der Versuch sich Erlebtes von der Seele zu reden hört nicht auf!
Hören wir genau zu!
Auch zwischen den Worten!
Ich stelle mich gerne dieser Herausforderung und erzähle es meinen Kindern und Enkeln weiter.
Sie sollen wissen, was ihre Ahnen gelitten und geleistet haben.
Den einfachen Soldaten von der anderen Seite, der auch eine Mutter hat, vergesse ich dabei nicht.
 


Gebt Robert Wern am 4. Mai einen herzlichen Empfang.




Ich freue mich über Eure Unterstützung!